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EDELRID ehemals Salewa Klettersteig – Adrenalinkitzel pur

von Tom | Aktualisiert am 19. November 2022 | Lesezeit 7 Minuten

Ort: Oberjoch im Allgäu | Klassifikation: Alpinklettersteig | Zielgruppe: Fortgeschrittene | Ausgangspunkt: Talstation Iselerbahn, Oberjoch (1160 m) | Höhenunterschied: Zustieg 150 HM (mit Bergbahn), Klettersteig 160 HM | Schwierigkeit: C

Hier findest du die Topo zum Download von bergsteigen.com: Topo EDELRID Klettersteig

Charakter

Der EDELRID Klettersteig ist ein Alpinklettersteig im schönen Allgäu und die Via-Ferrata Alternative zur Besteigung des 1876 m hohen Gipfel des Iseler. Bis 2021 war dieser hauptsächlich als Salewa Klettersteig bekannt. Die Firma Salewa war am Bau dieses Steigs maßgeblich beteiligt. Nun ist er nach dem Ausrüstungshersteller EDELRID benannt.

Gelegentlich findet man auch die Namen Iseler oder Oberjoch Klettersteig. Achtung – nicht von den Beschreibungen täuschen lassen, die hier vielleicht einfach klingen. Die Ausgesetztheit vom EDELRID (früher Salewa Klettersteig) fordert der Kletterin oder dem Kletterer einiges an mentaler Stärke ab.

Für die stark ausgesetzte Schlüsselpassage an der Bergführerplatte ist Schwindelfreiheit von sehr großem Vorteil. Der EDELRID Klettersteig gehört in dieser Region zu den beliebtesten Steigen. Leider ist der Steig in den Sommermonaten deshalb entsprechend frequentiert. Es kann schon mal zu längeren Wartezeiten auf der Kletterroute kommen. Am ungelegendsten kommen diese Staus dann ausgerechnet an der Schlüsselstelle…

Zur ausführlichen Beschreibung
 

Bilder vom EDELRID Klettersteig

EDELRID ehemals Salewa Klettersteig Beschreibung

Bemerkung

Es gibt inzwischen drei Teile vom EDELRID Klettersteig. Diese Beschreibung bezieht sich nur auf Teil A. Der Steig selber hat vier Etappenziele. Biwakhöhle, Rampe, Bergführerplatte und Gipfelwand. Da der Steig ein Alpinklettersteig ist, wird er über die Wintermonate und im Frühjahr von 10. November bis Mai gesperrt. Je nach Schneelage können diese Datumsangaben auch abweichen. Es gibt keinen Notausstieg. Schafft man die Schlüsselstelle ganz oben an der Bergführerplatte nicht – muss man alles wieder zurück – sehr zum Leidwesen der anderen.

Zustieg

Man kann entweder mit- oder ohne Bergbahnunterstützung zum Einstieg des Iseler Klettersteig gelangen. Mit Bergbahnunterstützung nimmt man einfach vom Tal aus die Iseler Bergbahn und fährt bequem im 6er-Sessellift von der Talstation zur Bergstation auf 1559 m.

So kann man sich die rund 400 HM an Zustieg sparen und hat so vielleicht noch entscheidende Kraftreserven am Steig selber über. Daher sei nicht so konditionsstarken Klettersteigfans dieser Weg ausdrücklich empfohlen.

Zu Fuß steigt man auf einem bequemen Wanderweg von Oberjoch bis zur Gundalpe auf. Danach geht es über den Schmugglersteig über einen Hügel vorbei an der Bergstation der Iselerbahn zur felsigen Nordflanke des Iseler.

Nach gut 20 Minuten ab der Bergstation (1,5 Stunden ab Talstation) ist die Abzweigung zum EDELRID Klettersteig erreicht. Ein Schild weist dort nach links. Diesem schmalen Pfad folgt man etwa für fünf Minuten, dann steht man am Einstieg (1710 m).

Einstieg über die Rampe bis zur Biwakhöhle

Gleich am Einstieg wartet der Oberjoch Klettersteig mit einer Überraschung auf. Es geht erst mal steil eine Rampe nach unten (!) (A/B). Achtung – die Rampe ist etwas rutschig, da viel loses kleines Gestein darauf rumliegt. Ziemlich bald erreicht man die erste Station am EDELRID Klettersteig – die Biwakhöhle. Die Biwakhöhle ist eine leichte Querung im Schwierigkeitsgrad A.

Steiler Aufschwung und Querung nach links bis zur nächsten Rampe

Der nächste folgende Aufschwung nach der Biwakhöhle ist so etwas wie eine kleine eingebaute Einstiegsprüfung. Wer diesen B/C Aufschwung nicht schafft, kehrt lieber wieder um, da er sonst spätestens an der Bergführerplatte (C) weiter oben noch in viel größere Schwierigkeiten geraten würde.

Über die nächste Rampe und im Zickzack gestuft nach oben bis zur Querung

Für Fortgeschrittene wird es langsam anspruchsvoller am EDELRID Klettersteig. Zuerst folgt die schwierigste Stelle der Etappe – eine Rampe B/C. Diese Stelle ist aber nur ganz kurz. Gute Klettersteigschuhe sind hier sehr vorteilhaft, da man auf Reibung gehen muss. Keinerlei Tritthilfen sind hier vorhanden.

Dann knickt das Seil nach links ab. Danach gibt es Tritthilfen in Form von Eisenbügeln. Es wird aber auch steiler.

So geht das noch ein paar Meter weiter bis zur nächsten Querung, die etwas anders ausfällt, als gewohnt. Hier wirds richtig wild und bizarr. Es sind einige Felsen zu umklettern. Der Fels ist sehr speckig durch die häufigen Begehungen vom Steig.

Mit ordentlichen Klettersteigschuhen mit rutschfester Sohle, zum Beispiel für weibliche Berghasen die Salewa Ws Mtn Trainer Mid GTX → zum Test und für Männer die Salewa Ms Mtn Trainer Mid GTX → zum Test aber kein Problem.

Schlüsselpassage in der Steilen Wand bis zum nächsten Etappenziel

Hier zeigt der EDELRID mehr und mehr seine wahre „Härte“. Dieser Steigabschnitt hat es in sich – geht es doch hier auf winzigen Tritthilfen etwa 10 m eine steile Felswand rauf (B/C), bei der man möglichst nicht abrutschen sollte.

Tipp: Vorausschauend steigen. Die Schrittfolge „planen“ und einprägen, damit man nicht „auf dem falschen Fuß“ auf einer winzigen Trittplatte steht und ein gefährlicher Fußwechsel nötig wird, um sinnvoll weiterzusteigen. Früh sichern an den Umhängepunkten.

Konzentriert Meter um Meter nach oben steigen und möglichst nicht viel nach unten schauen, dann ist bald das zweite Etappenziel erreicht. Das zweite Etappenziel am Iseler Klettersteig hört wieder auf den schlichten Namen „Rampe“.

Über leichte geröllige Bänder bis zur Bergführerplatte

Die Bänder, die zur großen Härteprüfung an der Bergführerplatte führen, sind zwar leicht (A – A/B), doch mit Vorsicht zu genießen, da das Geröll sehr gefährlich ist. Man kann hier leicht ausrutschen. Zudem gilt es, einige Felsen geschickt zu umklettern.

Die Härteprüfung am EDELRID Klettersteig: Bergführerplatte (C)

Die eigentliche Schlüsselstelle der Via-Ferrata Route am Iseler lässt fast bis zum Schluss auf sich warten. Das ist nicht unbedingt gut – umkehren ist hier schwierig, da man den ganzen Weg wieder zurück muss. Mit ziemlicher Sicherheit wird man dann auch noch leicht schief von den aufsteigenden Leuten angeschaut – wer geht denn bitteschön einen Klettersteig rückwärts hinunter!?

Laut Verhaltensregeln auf Klettersteigen ein Tabu.

Die Schlüsselstelle ist mit C bewertet und eigentlich laut Klettersteig Schwierigkeitsgrad nicht sonderlich schwierig. Die Höhe und Ausgesetztheit kann hier doch einem schwer zu schaffen machen. Einen kurzen Augenblick hängt man beim Umklinken an einem Arm – ein paar hundert Meter über dem Abgrund nur auf einem winzigen Trittstift stehend…

Das ist wahrhaftig nicht jedermanns Sache. Kurz vor der Schlüsselstelle bilden sich zudem manchmal unangenehme Staus, da sich viele überschätzt haben und es von der Psyche her nicht schaffen. Plötzlich fängt man dann an, selber zu lange nachzudenken…

Unterschätze das nicht – im Abschnitt „Mut und Psyche“ in meinem Beitrag Klettersteig Voraussetzungen gehe ich noch genauer drauf ein.

Doch nun zur Schlüsselstelle selber. Eigentlich ist es mehr eine Schlüsselpassage, die ich nun beschreiben möchte. Es fängt mit einem extrem ausgesetzten ansteigenden Quergang an. Die Tritthilfen stellen hier handtellergroße Trittplatten dar, auf denen man sich Schritt für Schritt hinüber tastet. Tipp: Genau hinschauen, die silbernen Trittplatten heben sich nur schwer farblich vom grauen Fels ab.

Teilweise muss man auch etwas hinabsteigen. Ist aber kein Problem, das Klettersteigset sollte lang genug sein. Hat man diese etwa 15 m Quergang geschafft, kommen zwei Eisenbügel ins Blickfeld. Wem hier schon schwindlig ist, sollte sich erstmal hier mit der Bandschlinge sichern und kurz durchatmen. Denn die nun folgende Stelle wird spannend und zerrt einiges an den Nerven.

Jetzt sollte man nicht nach unten schauen, nicht zögern und möglichst zügig durch.

Tipp: Spreizschritt nach rechts und mit dem rechten Fuß auf die Trittplatte steigen, während man sich mit den Armen und hoffentlich guten Handschuhen am Seil nach oben hangelt. Dann ohne zu zögern den linken Fuß nachsetzen und auf die zweite Trittplatte setzen. Am besten dabei in die Knie gehen und dicht am Felsen bleiben.

An den beiden Eisenbügeln über sich kann man sich wieder mit der Hand festhalten oder wie ich, Rastkarabiner einhängen, und Foto schießen. 🙂 Geschafft! Der Rest ist easy. Kurz noch etwas hochsteigen – das wars.

Über eine weitere Rampe gestuft zur Gipfelwand

Nach diesem adrenalin-ausschüttendem Kick wird es wieder etwas leichter, und der Weg führt über eine weitere Rampe. Zuerst A/B, dann B und schließlich wieder A gestuft zur Gipfelwand. Die Gipfelwand stellt die letzte Station am EDELRID dar. Vorsicht, der gestufte B-Abschnitt kann durch häufige Begehungen bereits etwas glatt und speckig sein.

Hier sind dann gute ordentliche Klettersteigschuhe, die auch auf Reibung gut funktionieren, von Vorteil.

Der letzte Abschnitt an der Gipfelwand

Die Gipfelwand am Iseler Klettersteig ist nicht sonderlich schwer und auch relativ kurz. Am Ausstieg kann es etwas eng am Steig werden, da der Seilverlauf durch einen kleinen grasbewachsenen Kamin führt. Ziemlich unvermittelt steht man dann auch schon oben am Gipfelplateau und teilt sich den Platz am Gipfelkreuz mit den unzähligen anderen Normalwanderern, die über den Normalweg aufgestiegen sind.

Abstieg vom EDELRID Klettersteig

Durch den Steig wird der Abstieg nicht empfohlen, sagt ein Schild. Ich würde jedoch sagen, dass man den Abstieg generell verbieten sollte, da man aufsteigende Kletterer ständig behindert. Der bessere und bequemere Abstieg erfolgt gefahrlos auf dem grünen Bergrücken des Iseler.

Man folgt dem breiten Gratweg hinüber zur Kühgundspitze, von wo der Weg in Serpentinen gemütlich über Latschenfelder nach unten bis zur Bergstation der Iselerbahn führt.

Hier kann man entweder knieschonend ein Talfahrt Ticket lösen und mit der Bahn nach Oberjoch hinunterfahren – oder wer nach dieser Felsturnerei noch Kondition hat – der kehrt auf dem Aufstiegsweg (Beschreibung oben) zur Talstation zurück.


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